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Newsletter Dezember 2018

Nicht nur Weihnachten steht vor der Tür, sondern auch das Jubiläum einer der wichtigsten Protagonistinnen aus dem Fassbinder-Kosmos. Am 25. Dezember feiert Hanna Schygulla ihren 75. Geburtstag, zu dem wir ihr ganz herzlich gratulieren möchten. Neben gemeinsamen Arbeiten am Action-Theater und Antiteater spielte sie zwischen den Jahren 1969 und 1980 in 20 Filmen RWFs mit.

Nach Fassbinders Tod arbeitete sie unter anderem mit Regisseuren wie Jean-Luc Godard, Ettore Scola, Carlos Saura, Marco Ferreri und später auch Béla Tarr und Fatih Akin zusammen. Zuletzt spielte sie in Cédric Khans berührendem Glaubensdrama LA PRIÈRE (2018) die Ordensschwester Myriam, die schwer erziehbaren Jugendlichen nicht nur mütterliche Sanftheit entgegenbringt, sondern sie auch mit der eisernen Härte einer autoritären Kirche konfrontiert. Neben ihrer Karriere als Schauspielerin tourt Schygulla seit den 1990er Jahren außerdem mit Chansonprogrammen durch die Welt – einige ihrer Texte stammen auch von Fassbinder.

Auf die Frage, ob sie es denn nicht leid sei, ständig auf RWF angesprochen zu werden, antwortete sie 2013 in einem Interview mit dem SZ-Magazin:

„Der Rainer war schicksalhaft für mich, denn die Schauspielerin Hanna Schygulla hätte es ohne ihn und die verdeckte Liebe zwischen uns nicht gegeben. Wir spürten beide, dass wir füreinander bestimmt waren, ohne dass wir allzu viel gemein hatten. Ich lebe schon doppelt so lange wie er und trage einen kleinen Teil seines Vermächtnisses weiter. Das ist doch etwas Schönes, dass er durch mich weiterlebt.“ (Das gesamte Interview kann man hier nachlesen: https://sz-magazin.sueddeutsche.de/kino-film-theater/ich-fand-immer-alle-schoener-als-mich-79986)

Bereits am 23. November feierte der bayerische Autor, Regisseur und Maler Herbert Achternbusch seinen 80. Geburtstag. Nach dem Münchner Filmmuseum feiert das nun auch das Leipziger Luru Kino in der Spinnerei, und zwar mit einer umfangreichen Retrospektive seines widerständigen und anarchischen Werks, die noch bis Ende Mai läuft (zum Programm geht es hier: http://www.luru-kino.de/?page_id=3259). So leidenschaftlich Achternbusch das klassische Hollywood-Kino liebt, so hart urteilt er oft über seine deutschen Kollegen. Ähnlich wie Fassbinder nimmt Achternbusch mit seiner sehr eigenen Ästhetik eine Außenseiterposition im Umfeld des Neuen Deutschen Films ein – und wusste RWF vielleicht auch deshalb mehr zu schätzen.

Seinem Film DER DEPP (1982) setzte Achternbusch eine Widmung an den seinerzeit gerade verstorbenen Kollegen voran. In einem Nachruf, der damals in der Süddeutschen Zeitung erschien, erinnerte er sich an die letzte Begegnung: „Ich habe Fassbinder nur dreimal gesehen, zuletzt auf dem Viktualienmarkt, in den er in schneller Fahrt hineinging, als müsste er gesehen und gleichzeitig vergessen werden. Er trug Jeans und ein kurzes Hemdchen, natürlich rauchte er. Ich drehte mich nach ihm um. Ich kam mir wie ein Opa vor, der seinen Alltagsgeschäften nachdattert. Ich hätte gern mit ihm ein Bier getrunken, aber es schien mir nicht angebracht. Er kam mir vor wie einer, den man nicht aufhalten darf.“

Einem weiteren Jubiläum widmet sich die Ausstellung „68. Pop und Protest“ im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Mit zahlreichen Musik- und Rauminstallationen, Mode, Filmen, Fotografien, Plakaten, Designobjekten und historischen Dokumenten will die Ausstellung ein Stimmungsbild des Revolutionsjahres 1968 schaffen. Unter anderem wird dort auch Fassbinders Film KATZELMACHER (1969) gezeigt. Mehr Infos zur Ausstellung gibt es hier: https://www.mkg-hamburg.de/de/ausstellungen/aktuell/68-pop-und-protest.html

Gratulieren kann man dem Dramatiker und Regisseur Falk Richter, der vom französischen Kulturministerium zum Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres ernannt wurde, eine der wichtigsten kulturellen Auszeichnungen des Landes. Zuletzt trat Richter etwa mit dem Stück „Je suis Fassbinder“ in Erscheinung, das man auch online lesen kann: http://www.falkrichter.com/ckfinder/userfiles/files/PDF/Theatre%20plays/Je%20suis%20Fassbinder.pdf

Im Vestibül des Wiener Burgtheaters feierte am 23. November Cornelius Edlefsens Inszenierung von „Tropfen auf heiße Steine“ ihre Premiere. Fassbinders Stück über eine zerstörerische Abhängigkeitsbeziehung wurde im Jahr 2000 durch François Ozons gleichnamigen Film wiederentdeckt und erfreut sich im Theater seitdem großer Beliebtheit. Informationen über weitere Vorstellungen und Tickets gibt es auf der Website der Burg: https://www.burgtheater.at/de/spielplan/produktionen/tropfen-auf-heisse-steine/termine/2018-12-02/982766988/

Wir wünschen unseren Freunden und Lesern eine schöne Vorweihnachtszeit, ruhige Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Für die Fassbinder Foundation war es ein schönes 2018. Neben großen Retrospektiven in Australien, der Cinémathèque française in Paris und dem Wiener Filmmuseum wurde auch die Eröffnung des Fassbinder Centers in Frankfurt am Main bekannt gegeben, die im nächsten Frühjahr stattfinden wird (nachzulesen hier: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kino/frankfurt-bekommt-ein-fassbinder-center-15786853.html).

Darüber hinaus freuen wir uns auch auf ein neues Restaurierungspaket mit sieben weiteren Fassbinder-Titeln – darunter etwa Daniel Schmids auf RWFs kontroversem Theaterstück „Der Müll, die Stadt und der Tod“ basierender Film SCHATTEN DER ENGEL (1976). Wir melden uns im Februar wieder mit Neuigkeiten rund um Rainer Werner Fassbinder.

 

 

Mehr zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder:

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/

 

Mehr zu den Theaterstücken von Rainer Werner Fassbinder:

http://www.fassbinderfoundation.de/theaterstucke/

 

 

Foto links: Hanna Schygulla in LA PRIÈRE  © Le Pacte

Foto rechts: Cornelius Edlefsens Inszenierung von „Tropfen auf heisse Steine“ © Georg Soulek/Burgtheater

 

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