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Newsletter Januar/Februar – 1/2019

Stolze 89 Jahre ist der aus zahlreichen Film- und Theaterproduktionen bekannte Schauspieler Günter Lamprecht am 21. Januar geworden. Dazu möchten wir ihm ganz herzlich gratulieren. Gleich in mehreren von Fassbinders Regiearbeiten war er zu sehen, doch die bedeutendste war zweifellos die auf Alfred Döblins gleichnamigem Roman basierende Fernsehserie BERLIN ALEXANDERPLATZ (1980). Wie wichtig Lamprecht auch für Fassbinder war, zeigt sich schon daran, dass er den Franz Biberkopf spielen durfte – jene Figur, der RWF im Laufe seiner Karriere durch mehrere Pseudonyme und Rollennamen die Ehrerbietung erwies. Lamprecht betonte einmal in einem Interview, dass er Fassbinder schätzte, weil er ihm als Schauspieler so viel Freiheit gab (nachzulesen hier: https://www.mopo.de/interview-guenter-lamprecht–was-ein-unrecht-ist–erkenne-ich-sofort–20053450).

Es ist ein schöner Zufall, dass Lamprechts jüngster Auftritt in der auf Volker Kutschers Kriminalroman „Der nasse Fisch“ basierenden TV-Produktion BABYLON BERLIN stattfand – einer wie auch BERLIN ALEXANDERPLATZ in der Zwischenkriegszeit angesiedelten Serie. Vielleicht aber auch eine beabsichtigte Referenz.

Mit Hans Günther Pflaum hat die Süddeutsche Zeitung gerade einen ihrer längsten Mitarbeiter verloren. Fast 40 Jahre arbeitete Pflaum dort als Filmkritiker, der sich auch immer wieder mit Fassbinder beschäftigte: Von ihm handelt Pflaums Buch „Das bißchen Realität, das ich brauche. Wie Filme entstehen“ sowie auch sein Dokumentarfilm ICH WILL NICHT NUR, DASS IHR MICH LIEBT – DER FILMEMACHER RAINER WERNER FASSBINDER. Einen Nachruf von Kollege Tobias Kniebe kann man hier lesen:  https://www.sueddeutsche.de/kultur/nachruf-hans-guenther-pflaum-1.4262471

In Frankreich hat der Regisseur und Schauspieler Pierre Maillet mit dem Theaterkollektiv Les Lucioles einen Fassbinder-Abend erarbeitet. In „Le bonheur (n’est pas toujours drôle)“ verschmelzen die drei Filme ANGST ESSEN SEELE AUF (1973), FAUSTRECHT DER FREIHEIT (1975) und MUTTER KÜSTERS’ FAHRT ZUM HIMMEL (1975). Maillet will darin vor allem der Fassbinder-Welt huldigen, die ihn inspiriert hat, aber auch dem klassischen Melodram sowie einem Künstler, der unermüdlich gegen die Entmenschlichung in unserer Welt gekämpft hat. Nach der Premiere in der Comédie de Caen in Hérouville-Saint-Clair steht die Produktion am 5. und 7. Februar noch einmal in der Comédie de Saint-Étienne auf dem Spielplan. Mehr Informationen zur Inszenierung sowie einen Trailer gibt es hier: http://www.theatre-des-lucioles.net/spip.php?article189

Bald gibt es in Deutschland zwei digital neu restaurierte Filme aus RWFs Spätwerk auf DVD und Blu-ray: Bereits am 24. Januar erschien IN EINEM JAHR MIT 13 MONDEN (1978), der von den letzten Tagen der transsexuellen Elvira Weishaupt erzählt und wegen seiner zahlreichen Verfremdungseffekte zu den radikalsten Filmen Fassbinders gehört. Formal ähnlich experimentierfreudig ist die bitterböse Terrorismus-Satire DIE DRITTE GENERATION (1979), die am 14. Februar veröffentlicht wird. Beide Filme sind bei dem Heimkino-Label Arthaus erhältlich. (mehr Informationen dazu hier: http://www.arthaus.de/in_einem_jahr_mit_13_monden-digital_remastered und hier: http://www.arthaus.de/die_dritte_generation-digital_remastered).

Zum Abschluss ein Kinotipp für den März: Mit MOONLIGHT (2016) landete der US-amerikanische Regisseur Barry Jenkins einen Überraschungserfolg, der am Ende auch noch einen Oscar als bester Film abräumte. Nun erscheint Jenkins’ neueste Regiearbeit, eine Adaption von James Baldwins Roman „If Beale Street Could Talk“ (auf Deutsch: „Beale Street Blues“). Die Geschichte spielt im New York der 1970er Jahre und handelt von einem jungen Paar, dessen Liebe durch eine falsche Anschuldigung auf eine harte Probe gestellt wird. Einen Trailer des Films kann man hier ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=Zlmy4qPg0pw

Was vielleicht nicht jeder wusste: James Baldwin und Fassbinder kannten und schätzten sich sehr. Ein Spiegel-Artikel aus dem Jahr 1978 beschreibt, wie Baldwin Ingrid Caven bei einem Pariser Konzert besuchte und ihr „Sag Fassbinder, ich bete ihn an“ zurief. (nachzulesen hier: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40617805.html) Fassbinder wiederum wollte kurz vor seinem Tod Baldwins Roman „Giovanni’s Room“ verfilmen. Dafür war kurzzeitig sogar Robert Redford als Produzent und Hauptdarsteller im Gespräch.

2016 wurde Baldwin als Autor und mehr noch als Schlüsselfigur der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung wieder einem größeren Publikum bekannt – und zwar durch Raoul Pecks gefeierten Essayfilm I AM NOT YOUR NEGRO. Unsere deutschen Leser können den Film derzeit in der Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung kostenlos sehen: http://www.bpb.de/mediathek/283417/i-am-not-your-negro

Wir melden uns im April wieder mit Neuigkeiten rund um Rainer Werner Fassbinder und wünschen allen bis dahin eine schöne Zeit.

 

Mehr zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder:

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/

 

Mehr zu den Theaterstücken von Rainer Werner Fassbinder:

http://www.fassbinderfoundation.de/theaterstucke/

 

 

Foto links: Günter Lamprecht in BERLIN ALEXANDERPLATZ  © Bavaria/RWFF

Foto rechts: KiKi Layne und Stephen James in IF BEALE STREET COULD TALK © Tatum Mangus Annapurna Pictures DCM  

 

 

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