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Newsletter Mai 2016

Illustriertes Werkverzeichnis.Cover Auch in diesem Monat müssen wir wieder von Freunden Abschied nehmen. Eine von ihnen ist die Fotografin Erika Rabau, die am 10. April verstarb. Rabau, geboren in Danzig, stammte aus einer gutbürgerlichen Familie. Ursprünglich wollte sie Schauspielerin werden, doch es zog sie hinaus in die Welt, unter anderem nach Südamerika, wo sie als Kamerafrau zu arbeiten begann. Anfang der 1960er Jahre kehrte sie schließlich nach Deutschland zurück und wurde 1972 offizielle Berlinale-Fotografin. Über vierzig Jahre hat sie die Stars und Sternchen der internationalen Filmszene abgelichtet und erhielt 2008 sogar eine eigene Ausstellung im Museum für Kommunikation. Auch vor der Kamera konnte man sie immer wieder erleben. Für Lothar Lambert war sie eine Muse, bei Wim Wenders, Ulrike Ottinger und Fassbinder hatte sie kleine Auftritte. Was Erika Rabau, die auch als „Puck von Berlin“ bekannt war, auszeichnete, waren ihre unendliche Leidenschaft für das richtige Bild, ihre Ausdauer und ihr klarer Kopf. Genau so wird sie uns auch in Erinnerung bleiben.

Die Nachricht vom Tod Karl-Heinz von Hassels erreichte uns nur eine Woche später. Der Schauspieler verstarb in seiner Heimatstadt Hamburg im Alter von 77 Jahren und ist, neben zahlreichen Film- und Theaterrollen, besonders als

TATORT-Kommissar Brinkmann im Gedächtnis geblieben. Bei Fassbinder hatte er in Filmen wie BOLWIESER, LOLA und DIE EHE DER MARIA BRAUN unvergessene Auftritte. Wer Karl-Heinz von Hassel als Nazigröße und Karrierebeförderer von Willie Bunterberg (Hanna Schygulla) in LILI MARLEEN in Erinnerung hat, wird sich vielleicht fragen, warum dieser mit feiner Gestik, Witz und Eleganz agierende Schauspieler in aktuellen Produktionen kaum noch zu sehen war.

So wie Karl-Heinz von Hassel hat auch Eva Mattes beim TATORT eine vorübergehende Heimat gefunden. Als Ermittlerin Klara Blum hat sie nun in der

Folge WOFÜR ES SICH ZU LEBEN LOHNT ihren letzten Einsatz. Das Besondere an diesem Abschied ist, dass es sich dabei um ein regelrechtes Klassentreffen großer Fassbinder-Schauspielerinnen handelt. So werden Irm Hermann, Hanna Schygulla und Margit Carstensen in Gastrollen zu sehen sein. Die Folge wird zwar erst diesen Herbst im Fernsehen ausgestrahlt, feiert jedoch bereits am 13. Mai um 20:30 Uhr auf dem Stuttgarter Schloßplatz Premiere. Leider ist die Veranstaltung schon fast ausverkauft. Momentan gibt es nur noch Stehplätze, für die man hier Tickets erwerben kann: https://www.easyticket.de/veranstaltung/die-grosse-swr-tatort-premiere-stehplaetze/63184/

Live kann man Eva Mattes auch bald wieder im Theater RambaZamba sehen, einem integrativen Bühnenprojekt für Menschen mit Behinderung. Vom 7. bis zum 9. Juni steht dort die freie Brecht-Bearbeitung „Der gute Mensch von Downtown“ auf dem Programm. Kartenbestellungen können unter info@theater-rambazamba.org vorgenommen werden.

Am 16. Mai ist es endlich so weit: Nach einigen Verzögerungen erscheint im Verlag Schirmer/Mosel das illustrierte Werkverzeichnis von Fassbinder. Der von RWFF-Präsidentin Juliane Maria Lorenz mitherausgegebene Bildband versammelt neben einigen Essays und zeitgenössischen Fotografien vor allem 1368 Filmstills, die, wie es im Klappentext heißt, „einzeln am Schneidetisch oder am Bildschirm Film für Film ausgewählt wurden und die den Glanz, den Glamour und den Reichtum des Fassbinder’schen Kosmos vor dem Leser auferstehen und Revue passieren lassen.“ In jedem Fall eine schöne Geschenkidee und ein aufwändig gestaltetes Coffee Table Book, in dem Fassbinders 44 Filme an uns vorüberziehen, „seine Schauspieler – die schönen Männer und die starken Frauen –, gefolgt von seinen Kameraleuten, Ausstattern, den Filmarchitekten und seinen engsten Mitarbeitern.“

Eine schöne Retrospektive zeigt das Berliner Zeughauskino vom 31. Mai bis zum 30. Juni. Gewidmet ist sie dem bis heute weitgehend unbekannten iranischen Regisseur Sohrab Shahid Saless, der einen Großteil seiner Filme in Deutschland realisierte. Dort drehte er auch 1974 einen Gastarbeiterfilm – im selben Jahr wie Fassbinder. Doch während ANGST ESSEN SEELE AUF die bundesdeutsche Wirklichkeit zum klassischen Melodram formt, handelt es sich bei IN DER FREMDE vor allem um eine geduldig inszenierte Studie über gesellschaftliche Isolation. Saless’ Filme sind aufs Notwendigste reduziert und erbarmungslos in ihrer Darstellung sozialer Missstände. Besonders zu empfehlen in der Reihe ist UTOPIA, das Magnum Opus des Filmemachers, das vom zerstörerischen Abhängigkeitsverhältnis zwischen einem gewalttätigen Zuhälter und seinen Huren erzählt. Außerdem wird der Dokumentarfilm DIE LANGEN FERIEN DER LOTTE H. EISNER gezeigt, ein Porträt der berühmten Filmkritikerin, die als Jüdin vor den Nazis fliehen musste und sich später für die Vertreter des Neuen Deutschen Films starkmachte. Im letzten Kapitel ihres bedeutenden Buchs „Die dämonische Leinwand“ erwähnt sie unter anderem Fassbinder als Hoffnung für ein junges deutsches Kino. Das gesamte Programm der Saless-Reihe gibt es hier:

http://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihen/sohrab-shahid-saless.html

Alle Berliner wollen wir auch noch einmal auf die Buchpremiere von „Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor“ am 10. Mai um 20:00 Uhr auf der Probebühne des Berliner Ensembles erinnern. Karten für 16 Euro sind auf der Website des Theaters erhältlich: http://www.berliner-ensemble.de/online-kauf/8870

Zum Abschluss noch eine aktuelle Kinoempfehlung: Seit dem 5. Mai läuft Alex Ross Perrys sehenswerter QUEEN OF EARTH in einigen ausgewählten deutschen Kinos. Der Film erzählt von zwei Frauen, die ein entspanntes Wochenende in einem Ferienhaus am See verbringen wollen, dann aber von ihren inneren Dämonen überwältigt werden. Schon in früheren Werken bezog sich der Regisseur explizit auf die Filmgeschichte. Hier sind es die Psychodramen Ingmar Bergmans sowie amerikanische Horrorfilme der 1970er Jahre, die Pate standen. Und auch Fassbinder spielte für die Entstehung von QUEEN OF EARTH eine Rolle: Um sie auf ihre Figur vorzubereiten, zeigte Perry

seiner Hauptdarstellerin Elisabeth Moss Fotografien aus MARTHA und DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT. An Letzterem interessierte den Regisseur vor allem die Konzentration auf einen einzelnen Schauplatz sowie das beklemmende Gefühl, das er hervorruft. Hier gibt es einen Trailer des Films: https://www.youtube.com/watch?v=lzPgN8eEI-c

Wir wünschen unseren Freunden und Lesern einen schönen Mai und melden uns im Juni wieder mit Neuigkeiten aus der Welt rund um Rainer Werner Fassbinder.

Mehr zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder:

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/ DE

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/?lang=en EN

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/?lang=fr FR

Foto links: Cover des Buchs „R.W. Fassbinder. Die Filme: Illustriertes Werkverzeichnis 1969-1982“ © Schirmer / Mosel

Foto rechts: Elisabeth Moss in QUEEN OF EARTH © Arsenal Distribution

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