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Newsletter Oktober 2016

bad-decisions-william-minkeDer September wurde von einem traurigen Ereignis überschattet: Der Schauspieler Hilmar Thate ist im Alter von 85 Jahren verstorben. Aufgewachsen ist Thate in Halle, wo er mit 16 eine Schauspielerausbildung begann. Ab 1949 spielte er am Theater und trat auch in zahlreichen Filmen auf – unter anderem in mehreren Regiearbeiten von Konrad Wolf. Als er sich 1976 gegen die Ausbürgerung des Sängers Wolf Biermann engagierte, bekam er den Druck des DDR-Regimes zu spüren. Als Konsequenz daraus zog er 1980 mit seiner Frau, der Schauspielerin Angelica Domröse, in die Bundesrepublik. Wenig später spielte er dort die männliche Hauptrolle in Fassbinders DIE SEHNSUCHT DER VERONIKA VOSS. Als Sportreporter Robert Krohn trifft er darin auf eine vom Leben gezeichnete UFA-Schauspielerin (gespielt von Rosel Zech), die in einem Netz aus Intrigen und Abhängigkeiten gefangen ist. Thates letzte Rolle war 2005 in Jutta Brückners HITLERKANTATE. In der Zeit bis zu seinem Tod lebte er zurückgezogen mit seiner Frau in Berlin.
Fassbinders einzige Zusammenarbeit mit Hilmar Thate wird demnächst auch als 35mm-Kopie in Toronto zu sehen sein. Das Toronto International Film Festival (TIFF) zeigt dort vom 29. Oktober bis zum 23. Dezember die große Retrospektive „Imitations of Life: The Films of Rainer Werner Fassbinder“ (das gesamte Programm findet sich hier: http://www.tiff.net/?view=grid&mode=on-now&programme=Imitations%20of%20Life%3A%20The%20Films%20of%20Rainer%20Werner%20Fassbinder& EN). Ergänzend dazu präsentiert das Goethe-Institut vom 21. Oktober bis zum 20. Dezember eine in Koproduktion mit der Fassbinder Foundation entstandene Ausstellung mit Postern aus Fassbinders Filmen sowie Hommagen von Kollegen wie Fatih Akin, Atom Egoyan, Aki Kaurismäki, Mike Leigh, François Ozon und Park Chan-wook. Mehr Informationen dazu gibt es hier: https://www.goethe.de/ins/ca/de/sta/tor/ver.cfm?fuseaction=events.detail&event_id=20809006 DE https://www.goethe.de/ins/ca/en/sta/tor/ver.cfm?fuseaction=events.detail&event_id=20809006 EN

Am 1. Oktober feierte Falk Richters Theaterstück „Je suis Fassbinder“ unter der Regie von Barish Karademir nun auch seine Deutschlandpremiere. Das an RWFs Episode aus DEUTSCHLAND IM HERBST angelehnte Stück geht der Frage nach, wie man als Künstler auf die aktuelle gesellschaftliche Situation in Deutschland reagieren kann, oder wie es im Programmtext heißt: „Wie soll man Theater machen, wie soll sich der Einzelne verhalten, was dürfen wir sagen, was kann Kunst überhaupt leisten.“ Die Aufführungen im Herbst sind zwar leider schon vorbei, dafür gibt es noch am 23., 24. und 25. März die Gelegenheit, die Inszenierung in der Nürnberger Tafelhalle zu sehen. (Tickets dazu gibt es hier: http://www.kunstkulturquartier.de/tafelhalle/programm/tafelhalle-detail/exmt_vk_nbg/47697/?tx_exmtvknbg_pi1%5Bdate%5D=1490295600&tx_exmtvknbg_pi1%5Bbackpid%5D=974&tx_exmtvknbg_pi1%5Baction%5D=show&tx_exmtvknbg_pi1%5Bcontroller%5D=Url&cHash=621192e5fc27da35d2b4a3e6083052c9 DE) Wer es bis dahin nicht mehr erwarten kann, hat die Möglichkeit, das Stück in voller Länge auf der Homepage von Falk Richter zu lesen: http://www.falkrichter.com/ckfinder/userfiles/files/PDF/Theatre%20plays/Je%20suis%20Fassbinder.pdf DE
Auch in Berlin lohnt es sich, ins Theater zu gehen. In der letzten Spielzeit von Intendant Frank Castorf verabschiedet sich der Schweizer Regisseur Christoph Marthaler mit der Inszenierung „Bekannte Gefühle, gemischte Gesichter“, in der auch Irm Hermann auf der Bühne steht. Für die Termine am 6. und am 27. November gibt es vorerst leider nur Restkarten an der Abendkasse. Eine weitere Kollaboration von Marthaler und Hermann, die vergnügliche Schlager-Hommage „Tessa Blomstedt gibt nicht auf“, tourt derweil durch Mexiko und wird später auch noch einmal in Berlin zu sehen sein.

Marthalers ebenso humorvoller wie diskursfreudiger Volksbühnen-Kollege René Pollesch hat für die Saisoneröffnung einen Film gedreht. Bereits 2003 hatte Pollesch die vierteilige Fernsehserie 24 STUNDEN SIND KEIN TAG inszeniert, die nicht nur ihren Titel von Fassbinders ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG entlehnt hat, sondern auch auf ähnliche Weise davon erzählt, wie Angestellte im kapitalistischen System versklavt werden. Vor der Kamera standen damals unter anderem Irm Hermann und Volker Spengler. Letzterer ist auch wieder in Polleschs neuem Film BAD DECISIONS mit dabei, der ein weiteres Mal am 24. Oktober läuft (Karten gibt es hier: http://www.volksbuehne-berlin.de/praxis/sehen_bad_decisions/?id_datum=10712 DE) sowie als Double-Feature mit 24 STUNDEN SIND KEIN TAG am 27. Oktober (Karten gibt es hier: http://www.volksbuehne-berlin.de/praxis/die_volksbuehne_als_filmset/?id_datum=10947 DE).
Für alle, die im Herbst lieber zu Hause bleiben, gibt es eine Auswahl nicht minder reizvoller Alternativen: Nach der Kinoauswertung und internationalen Festival-Tournee von Annekatrin Hendels FASSBINDER gibt es den Dokumentarfilm über Leben und Werk des Regisseurs nun auch als Video-on-Demand. Bei iTunes kann man sich den Film zum Beispiel hier für 11,99 Euro herunterladen: https://itunes.apple.com/de/movie/fassbinder/id1129473419?l=en DE
Ein vielversprechendes Buch ist Anfang September im Verlag edition text + kritik erschienen. Die Publikation „Film-Bühne Hotel: Begegnungen in begrenzten Räumen“ sieht das Hotel als Mikrokosmos der Gesellschaft und vereint eine Reihe filmwissenschaftlicher Texte dazu. Neben Beiträgen über Dresscodes im NS-Kino und Szenarien des deutschen Schlagerfilms beschäftigt sich ein Kapitel mit RWFs WARNUNG VOR EINER HEILIGEN NUTTE. Das Buch kann man auf der Seite des Verlags bestellen: https://www.etk-muenchen.de/search/Details.aspx?new=1&sort=5&ISBN=9783869165219 DE
Zum Abschluss noch ein Hinweis auf ein Internetfundstück: Auf Deutschlandradio Kultur steht ein Gespräch zwischen Hanna Schygulla und dem Moderator Klaus Pokatzky als Stream zur Verfügung. Das Interview mit der Schauspielerin dreht sich etwa um ihre Vorstellung von wahrer Größe, ihre neue Heimat Berlin sowie die Schattenseiten des Ruhms. Die ganze Sendung ist hier zu finden: http://www.deutschlandradiokultur.de/hanna-schygulla-wenn-das-aeussere-nicht-mehr-blueht-muss.970.de.html?dram:article_id=366593 DE

Wo auch immer unsere Leser den Oktober verbringen werden: Wir wünschen einen goldenen Herbst und melden uns im November wieder mit Neuigkeiten rund um Rainer Werner Fassbinder.

Mehr zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder:
http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/ DE
http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/?lang=en EN
http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/?lang=fr FR

Mehr zu den Theaterstücken von Rainer Werner Fassbinder:
http://www.fassbinderfoundation.de/theaterstucke/ DE
http://www.fassbinderfoundation.de/theaterstucke/?lang=en EN
http://www.fassbinderfoundation.de/theaterstucke/?lang=fr FR

Foto links:
Foto rechts: René Polleschs BAD DECISIONS © William Minke

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