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Vor 40 Jahren: RWFs DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT

Bild 2 - rechte Seitenbande-2 300Ein Kammerspiel über Abhängigkeit und die Ökonomie der Gefühle

Am 25. Juni 1972 feierte Fassbinders dreizehnter Spielfilm DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT als deutscher Wettbewerbsbeitrag seine Uraufführung auf den Berliner Filmfestspielen, was ihm eine Nominierung für den goldenen Bären einbrachte.

Der Genese des Films liegt, wie so oft bei Fassbinder, ein Bühnenstoff zu Grunde. Margit Carstensen, die Hauptdarstellerin im Film, berichtete unlängst bei der Eröffnung der Münchner Fassbinder-Ausstellung im Deutschen Theatermuseum (25. Mai – 09. September) von den Anlaufschwierigkeiten des Stücks im Rahmen der Frankfurter experimenta 4 mit der Inszenierung durch das Landestheater Darmstadt vom 05. Juni 1971 unter der Regie von Peer Raben. Heutzutage ist es mit weit über 200 Premieren in aller Welt das meistgespielte Theaterwerk von RWF. Bei der filmischen Umsetzung ist kein Versuch unternommen worden, die Bühnenherkunft des Stoffes zu überdecken. Es ist eine deutliche Aufteilung in fünf Akte zu erkennen, die komplette Handlung spielt in nur einem Raum. Am Anfang des Films steht als Insert zu lesen: „Ein Krankheitsfall – Gewidmet dem, der hier Marlene wurde“.

Der Film beschäftigt sich mit einem Thema, das in Fassbinders Welt von fundamentaler Bedeutung ist: Ist Liebe eine Alternative zur herrschenden Unfreiheit, oder ist sie vielmehr eine Reproduktion dieser Unfreiheit? (aus Rainer Werner Fassbinder: Leben und Werk eines maßlosen Genies von Christian Braad Thomsen)

RWF: „Meine Auffassung von Liebesbeziehungen klassischer Art ist, dass Zweierbeziehungen Unterdrückungsstrategien der bestehenden Gesellschaft sind.“ – in DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT diskutiert er dies exemplarisch an einer reinen Frauenkonstellation: Die erfolgreiche Modedesignerin Petra von Kant hat sich eingerichtet in ihrer Einsamkeit zwischen Catwalk und Konsum. Von ihrem Mann getrennt lebt sie nur mit ihrer sie ergeben liebenden Dienerin Marlene zusammen. Eines Tages begegnet sie der schönen jungen Karin, die Petras Liebe ausnutzt, um in der glatten Hochglanzwelt Karriere als Model zu machen.

DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT ist im Januar 1972 in nur zehn Tagen als reine Studioproduktion der Tango-Film erstellt worden. Die Dreharbeiten fanden in einer Künstlerkolonie im niedersächsischen Worpswede, nordöstlich von Bremen gelegen, statt. Gedreht wurde auf 35mm in Farbe. Das Produktionsbudget betrug 325.000 Deutsche Mark.

Die Filmbewertungsstelle (FBW) gab dem Werk das Prädikat „besonders wertvoll”. Der offizielle Kinostart war am 05. Oktober 1972. Bei der Verleihung der Bundesfilmpreise 1973 erhielten die Hauptdarstellerin Margit Carstensen sowie der Kameramann Michael Ballhaus je ein Filmband in Gold für ihre Leistungen.

Mehr Informationen:
RWFF Filmografie zu DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT

Foto rechts: Irm Herman, RWF, Katrin Schaake, Margit Carstensen bei der Berlinale 1972, © Erika Rabau /Archiv RWFF

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