news

Newsletter Dezember 2017

Am 20. Januar findet im New Yorker MoMA (Museum of Modern Art) die US-Premiere der restaurierten Fassung von Fassbinders fünfteiliger Arbeiter-Fernsehserie ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG statt. Ein guter Anlass, die langjährige Kooperation zwischen der RWFF und dem Museum noch einmal Revue passieren zu lassen: Bereits seit 1993 stehen die beiden Institutionen in Verbindung. Vier Jahre später kam es in New York unter Mitwirkung von Kurator Laurence Kardish und der Leiterin des Film-Departments Mary Lea Bandy zur ersten vollständigen Fassbinder-Retrospektive in den Vereinigten Staaten. Später unterstützte das Museum auch die aufwändigen Restaurierungen von BERLIN ALEXANDERPLATZ, WELT AM DRAHT und zuletzt ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG. Das MoMA verfügt über die größte Sammlung von Fassbinder-Filmkopien in den USA. Vorgeführt werden dürfen sie nur in den eigenen Räumlichkeiten.

 

Die 1997er Retro war auch der Auftakt einer anschließenden Nordamerika-Tournee, die in Kooperation mit dem Goethe-Institut entstanden ist. Auf 50 Stationen kam das Publikum dort oft zum ersten Mal mit Fassbinder in Berührung. Eine ähnliche Tournee ist mit der neuen Fassung von ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG ab März 2018 geplant.

 

In den Staaten erschienen ab 2002 auch die ersten DVDs von Fassbinder-Filmen; zunächst bei Fox Lorber, später dann bei The Criterion Collection – die bei ihren Veröffentlichungen eng mit dem Verleih Janus Films zusammenarbeitet. An der Stelle möchten wir uns bei Criterion auch für die lange Kooperation bedanken; besonders bei Label-Chef Peter Becker und Produzentin Fumiko Takagi. Das amerikanische Heimkino-Unternehmen zählt zu den führenden Vertrieben für das internationale Autorenkino und ist bekannt für seine liebevoll gestalteten Releases. Von Fassbinder befinden sich momentan 14 Filme im Katalog (mehr Informationen dazu gibt es hier: https://www.criterion.com/explore/174-rainer-werner-fassbinder). Demnächst folgt auch die Veröffentlichung von ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG.

 

Auch in Frankreich gibt es schon bald die Möglichkeit, das Gesamtwerk Fassbinders wieder- oder neu zu entdecken. Ab dem 11. April 2018 wird die Cinémathèque française eine vollständige Retrospektive präsentieren. Ansonsten liegt der Verleih und Vertrieb von RWFs Filmen vor allem in den Händen von Carlotta Films. Mit Vincent Paul-Boncour, der das Unternehmen 1998 gründete, verbindet uns eine langjährige Zusammenarbeit. (Zur Website von Carlotta Films geht es hier: http://carlottavod.com/).

 

Allen Münchnern sei Susanne Kennedys radikale Bühnenadaption von Fassbinders und Michael Fenglers Film WARUM LÄUFT HERR R. AMOK? empfohlen, die am 14. Januar noch einmal in den Münchner Kammerspielen gezeigt wird (Karten gibt es hier: https://www.muenchner-kammerspiele.de/inszenierung/warum-lauft-herr-r-amok). In der 2015 zum Theatertreffen eingeladenen Inszenierung löst sich die Regisseurin von jeglichem Naturalismus und präsentiert dem Zuschauer ein kleinbürgerliches Wachsfigurenkabinett. An der Berliner Volksbühne hat Kennedy gerade den sehenswerten Theaterabend „Women in Trouble“ inszeniert, in dem sie sich noch entschiedener von herkömmlichen Bühneninszenierungen abwendet. Auf einer pausenlos rotierenden Drehbühne eröffnet sich ein dystopisches Szenario, in dem sich Handlung und Figuren zunehmend auflösen. Weitere Termine gibt es hier: https://www.volksbuehne.berlin/de/programm/35/women-in-trouble)

 

Zum Abschluss noch zwei traurige Nachrichten: Am 21. November ist der Produzent, Schriftsteller und Schauspieler Peter Berling im Alter von 83 Jahren verstorben. Berling war unter anderem Herstellungsleiter bei Fassbinders WHITY und als Schauspieler in zahlreichen Filmen zu sehen; unter anderem bei Rudolf Thome, Werner Herzog, Helmut Dietl und auch Martin Scorsese. In den letzten Jahren arbeitete er viel mit Alexander Kluge für die unabhängige Fernsehplattform dctp zusammen, wo er in die Rollen berühmter Persönlichkeiten schlüpfte. Ein längeres Interview über sein bewegtes Leben kann man in der FAZ nachlesen: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/peter-berling-im-gespraech-fassbinders-mutti-12015426.html

 

Abschied nehmen müssen wir auch von Ulli Lommel. Nach seinen Anfängen als Schauspieler beim Berliner Renaissance-Theater und einer kurzen Starkarriere im populären deutschen Kino der 1960er Jahre arbeitete er mit Fassbinder bei mehreren Filmen zusammen – am prominentesten wohl in LIEBE IST KÄLTER ALS DER TOD. Daneben produzierte RWF auch seine frühen Regiearbeiten ZÄRTLICHKEIT DER WÖLFE und ADOLF UND MARLENE. Mitte der 1970er Jahre ging Lommel dann in die USA, wo er zahlreiche B-Movies drehte. Doris Kuhn schreibt in ihrem schönen Nachruf in der Süddeutschen Folgendes über Lommels Genrearbeiten: „Was dabei herauskam, war manchmal grandios, meistens verblüffend – und immer ziemlich gewagt, weil Lommel den Horrorfilm tatsächlich neu interpretierte.“ Zuletzt arbeitete der Regisseur an einem Projekt über Andy Warhol. (Den gesamten Text kann man hier nachlesen: http://www.sueddeutsche.de/kultur/nachruf-die-romantik-der-blutlache-1.3776271)

 

Wir möchten ganz herzlich unseren Freunden und Förderern danken, die die Fassbinder Foundation 2017 unterstützt haben, und wünschen allen entspannte Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

 

Mehr zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder:

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/ DE

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/?lang=en EN

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/?lang=fr FR

 

 

Foto links: Szenenbild aus ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG © Rainer Werner Fassbinder Foundation

Foto rechts:  Szenenbild aus Liebe ist kälter als der Tod © RWFF

 

zurück