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Newsletter Dezember 2019

Das Jahr 2019 endet mit einem traurigen Ereignis: Der bekannte deutsche Filmwissenschaftler Thomas Elsaesser verstarb am 4. Dezember im Alter von 76 Jahren. Elsaesser, der unter anderem Bücher zum Weimarer Kino und zu Hollywood, über Fritz Langs „Metropolis“ oder die Filme von Harun Farocki schrieb, veröffentlichte 1996 auch die wegweisende Monografie „Fassbinder’s Germany: History Identity Subject“, die den Fokus vom exzessiven Leben des Regisseurs stärker auf sein Werk verlagerte.

„Wir haben es mit einem sehr gründlichen, sehr gewissenhaften, sehr elaborierten Buch zu tun“, lobte Peter W. Jansen, der einige Jahre zuvor mit Wolfram Schütte selbst eine wichtige Fassbinder-Monografie herausgab. Fassbinder wird in Elsaessers Publikation nicht nur im Kontext deutscher Geschichte und Identität gesehen, sondern auch als Künstler, der internationalen Kollegen wie Pier Paolo Pasolini und Nagisa Oshima letztlich näher war als seinen Landsleuten.

Einen englischen Auszug kann man hier lesen: https://www.questia.com/read/57213273/fassbinder-s-germany-history-identity-subject EN Einen deutschen Auszug gibt es beim Verlag Bertz + Fischer, wo man das Buch auch käuflich erwerben kann: http://www.bertz-fischer.de/rainerwernerfassbinder/pdf/rainerwernerfassbinder_deutschland.pdf DE Eine ausführliche Dokumentation von Elsaessers Veröffentlichungen mit zahlreichen Textbeispielen und Downloads gibt es auf der Website des Filmwissenschaftlers: http://www.thomas-elsaesser.com/ EN

Das Jahr schließt aber auch mit einem erfreulichen Jubiläum: Nachträglich wollen wir Udo Kier ganz herzlich zu seinem 75. Geburtstag gratulieren, den er am 14. Oktober feierte. Er und Fassbinder lernten sich bereits als Teenager im Köln der frühen 1960er Jahre kennen. Erst sehr viel später trafen sich die beiden in München wieder, wo sie gemeinsam den auf Oskar Maria Grafs Vorlage basierenden Fernseh-Zweiteiler BOLWIESER (1977) drehten. Es sollte die erste von mehreren Rollen sein, die Kier für RWF übernahm.

In einem Interview mit der Münchner tz beschrieb Udo Kier die Arbeitsweise Fassbinders als „sehr präzise“: „Zum Beispiel bei BERLIN ALEXANDERPLATZ (1980) haben wir fast alles nur einmal gedreht. Wenn du als Schauspieler gesagt hast: ‚Ach, kann ich das noch mal?‘ Ne! Keine Chance. Und er hat einem die Wahrheit gesagt, wenn ihm was nicht gefallen hat. Vor allen Leuten. Da haben wir uns aber auch alle dran gewöhnt.“ Das gesamte Interview gibt es hier: https://www.tz.de/stars/schauspieler-kier-ueber-seine-wilde-zeit-fassbinder-tz-2375464.html DE

Bis heute ist Udo Kier ein ausgesprochen gut beschäftigter Schauspieler, der nicht viel mit der überholten Unterscheidung zwischen Hochkultur und Populärem anfangen kann. Über seine traditionell sehr breit gefächerten Rollen spricht er hier in einem Interview mit dem Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunkkultur.de/schauspieler-udo-kier-warum-spielen-sie-alles-von-softporno.970.de.html?dram:article_id=460965 DE

Ein Höhepunkt für die RWFF war in diesem Jahr die Eröffnung des Fassbinder Centers in Frankfurt am Main. Einen kleinen Radiobeitrag zur Eröffnung kann man sich auf der Website des SWR anhören: https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/Gespraech-Das-Werk-von-Rainer-Werner-Fassbinder-im-Nachlass-aufgeschluesselt,aexavarticle-swr-38514.html DE Zur Webpräsenz der Institution gelangt man hier: https://www.dff.film/erkunden/archive/fassbinder-center/ DE

Allerdings ist Fassbinders Nachlass nicht nur etwas fürs Archiv. Jedes Jahr werden Filme und Stücke auf zahlreichen internationalen Bühnen neu zum Leben erweckt. Gerade feierte eine Doppelinszenierung am Nationaltheater Mannheim Premiere: Die Regisseurinnen Jennifer Peterson und Leonie Thies adaptierten dort die Filme WARUM LÄUFT HERR R. AMOK? (1970) und DIE SEHNSUCHT DER VERONIKA VOSS (1982) für die Bühne. Weitere Termine für die sowohl einzeln als auch gemeinsam gezeigten Inszenierungen gibt es im Spielplan des Nationaltheaters Mannheim: https://www.nationaltheater-mannheim.de/ DE

Im Terminkalender vormerken sollte man sich auch eine Veranstaltung, die im Rahmen der Langen Nacht der Bücher in Frankfurt geplant ist: Am 16. Februar stellen sich in einstündigen Lesungen und Gesprächen verschiedene Frankfurter Verlage vor. Dabei wird es voraussichtlich auch ein Gespräch über Fassbinder geben. Beteiligt sind Karlheinz Braun (Mitbegründer des Verlags der Autoren), Hans-Peter Reichmann (Leiter des Fassbinder Centers) und RWFF-Präsidentin Juliane Maria Lorenz. Weitere Informationen folgen.

2020 steht dann bereits das nächste große Jubiläum an: Fassbinder wäre am 31. Mai 75 Jahre alt geworden. Freuen darf man sich zu diesem Anlass unter anderem auf eine neue Inszenierung von Michael Thalheimer, der bereits 2003 WARUM LÄUFT HERR R. AMOK? für das Schauspiel Frankfurt auf die Bühne brachte. Am Berliner Ensemble steht am 21. Februar nun die Premiere von „Katzelmacher“ an. Mehr Informationen zur Inszenierung gibt es auf der Website des Theaters: https://www.berliner-ensemble.de/inszenierung/katzelmacher DE

Wir verabschieden uns damit in die Winterpause und wünschen unseren Lesern und Freunden ruhige Weihnachtsfeiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr – und melden uns 2020 wieder mit Neuigkeiten rund um Rainer Werner Fassbinder.

Mehr zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder:
http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/ DE
http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/?lang=en EN
http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/?lang=fr FR

Mehr zu den Theaterstücken von Rainer Werner Fassbinder:
http://www.fassbinderfoundation.de/theaterstucke/ DE
http://www.fassbinderfoundation.de/theaterstucke/?lang=en EN
http://www.fassbinderfoundation.de/theaterstucke/?lang=fr FR

Foto links: Udo Kier in ,,Die Dritte Generation‘‘. Fotograf: Maximilian Johannsmann. © Rainer Werner Fassbinder Foundation
Foto rechts: Bild aus Jennifer Petersons Inszenierung von „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ © Nationaltheater Mannheim / Christian Kleiner

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