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Newsletter Juli 2018

Bevor wir uns in die Sommerpause begeben, wollen wir noch einmal die wichtigsten internationalen Fassbinder-Events Revue passieren lassen: Im Januar ging es los mit der US-amerikanischen Erstaufführung von RWFs Arbeiterserie ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG (1972-73) im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA), auf die weitere Vorführungen im Film Forum sowie eine Tournee durch die Staaten folgten. Ab April zeigte die geschichtsträchtige Cinémathèque française eine vollständige Fassbinder-Retrospektive. Und auch die Gallery of Modern Art (GOMA) in Brisbane setzte ihre bereits im Oktober letzten Jahres begonnene RWF-Reihe fort, bei der RWFF-Präsidentin Juliane Maria Lorenz einen Vortrag über die Frauen in Fassbinders Kino hielt.

Am 31. August folgt gleich die nächste Retrospektive, diesmal im Österreichischen Filmmuseum in Wien, wo man sich auch unter der neuen Leitung von Michael Loebenstein noch vorrangig dem analogen Filmmaterial verschrieben hat. Das genaue Programm der bis zum 25. Oktober laufenden Reihe wird demnächst auf der Website des Filmmuseums veröffentlicht: https://www.filmmuseum.at/

Bis dahin kann man sich dort als Vorgeschmack schon mal einen kurzen Ausschnitt aus einem konfliktgeladenen Publikumsgespräch mit Fassbinder ansehen, das anlässlich der Vorführung von FAUSTRECHT DER FREIHEIT (1975) stattfand: https://www.filmmuseum.at/forschung__vermittlung/vermittlung/in_person_videodokumente/in_person_detail?videodokument_id=1466964478021

Annekatrin Hendel, die bei der von der FF koproduzierten Dokumentation FASSBINDER (2015) Regie führte, hat einen neuen Film gedreht. Erzählt wird darin, wie die aus der DDR stammende Familie um den Schriftsteller und Regisseur Thomas Brasch zum Kampfschauplatz um die richtige Haltung zum Sozialismus wird. Der Film startet am 16. August in den deutschen Kinos, einen Trailer gibt es hier: https://vimeo.com/277414238

Eine interessante Ausstellung verspricht die Neil-Beloufa-Schau zu werden, die vom 23. August bis zum 23. Oktober in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main zu sehen ist. Der französische Künstler arbeitet mit seinen Videos und Installationen zwar vorrangig im Ausstellungskontext, dreht mitunter aber auch experimentelle Spielfilme. Seine Videoarbeiten waren zuletzt etwa in der nach Fassbinders gleichnamigem Fernseh-Zweiteiler benannten Ausstellung „Welt am Draht“ in der Berliner Dependance der Julia Stoschek Collection zu sehen. Im Berlinale Forum präsentierte er 2017 seinen bisher neuesten Langfilm OCCIDENTAL, der mit viel Witz von einem dystopischen Europa erzählt. Beloufa bezieht sich in Interviews auf die großen Melodramen-Regisseure wie Douglas Sirk, Fassbinder und Pedro Almodóvar. Genau wie sie bricht auch er mit einem klassischen Realismus, verwendet betont künstliche Settings und schafft absurde Situationen, in denen er Fragen über Politik, Gesellschaft und Sexualität aufwirft. Mehr Informationen zur Ausstellung gibt es hier: https://www.schirn.de/ausstellungen/2018/neil_beloufa/

Zum Abschluss möchten wir noch ganz herzlich Ingrid Caven gratulieren, die am 3. August ihren 80. Geburtstag feiert. In zahlreichen Filmen Fassbinders spielte sie oft kleinere Rollen – von frühen Regiearbeiten wie LIEBE IST KÄLTER ALS DER TOD (1969) bis zu späten wie IN EINEM JAHR MIT 13 MONDEN (1978). Darüber hinaus arbeitete sie auch mit Regisseuren wie Jean Eustache, Hans-Jürgen Syberberg, Lothar Lambert sowie Claire Denis zusammen und tritt seit den 1970er Jahren zudem als Chansonsängerin auf. Auf der Bühne war sie zuletzt gemeinsam mit Helmut Berger an der Berliner Volksbühne zu sehen. Das vom katalanischen Regisseur Albert Serra inszenierte Stück „Liberté“ wird im Herbst auch für die große Leinwand verfilmt werden. Und auch in Luca Guadagninos bald erscheinendem Remake von Dario Argentos Horrorklassiker SUSPIRIA (1977) ist sie mit von der Partie.

In einem Interview, das der Journalist André Müller im Jahr 1980 mit ihr führte, sagte Caven über ihren Beruf: „Das war meine Art, mich bemerkbar zu machen: als Rumpelstilzchen oder Fee oder Prinzessin. […] Meine Schwester und ich, wir haben unser Zimmer verdunkelt und zu den Platten der Callas gesungen … Was heißt gesungen! Geschrien haben wir, daß die Scheiben klirrten.“ Das gesamte Gespräch kann man auf Website von Cavens Freundin, der Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, nachlesen: http://elfriedejelinek.com/andremuller/interview%20mit%20ingrid%20caven.html

Zumindest auf der Leinwand oder im Heimkino kann man Caven auch bald wiedersehen: Daniel Schmids SCHATTEN DER ENGEL (1976), in dem sie gemeinsam mit Fassbinder vor der Kamera steht, ist einer von mehreren Titeln, die von der RWFF demnächst restauriert werden.

Bis wir uns im Herbst wieder mit Neuigkeiten rund um Rainer Werner Fassbinder melden, wünschen wir unseren Freunden und Lesern erst einmal einen erholsamen Restsommer. Das Büro der Fassbinder Foundation wird ab September wieder besetzt sein.

 

Mehr zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder:

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/

 

Foto links: Ingrid Caven als Lily Brest in Schatten der Engel, 1975, © RWFF

Foto rechts: Neil Beloufa, Néolibéral, Galerie Balice Hertling, 2015, © der Künstler & VG Bild-Kunst, Bonn 2018, Foto: Aurélien Mole

 

 

 

 

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