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Günther Kaufmann ist am 10. Mai unerwartet verstorben

Bild 2 auf der rechten SeiteEin deutscher Schauspieler, so vielfältig im Film wie auch im Leben

Bald hätte Günther Kaufmann, einst wegen seiner exotischen Erscheinung als der „bayerische Neger“ bezeichnet, seinen 65. Geburtstag gefeiert. Für das nächste Jahr war die Verfilmung seiner Lebensgeschichte unter dem Arbeitstitel „Die zweite Garnitur Gottes“ geplant. Nun kam alles anders. Der plötzliche Herztod ereilte ihn auf einem Spaziergang im Berliner Stadtteil Grunewald am 10. Mai.

Günther Kaufmann wurde am 16. Juni 1947 als sogenanntes „Besatzungskind“ eines US-Soldaten und einer Deutschen in München-Schwabing geboren und wuchs im Münchner Stadtteil Hasenbergl, einem sozialen Brennpunkt, auf. Nach dem Volksschulbesuch ging er zur Marine und gehörte vier Jahre lang zur Besatzung des Schulungsschiffs „Gorch Fock“. Nach der Bundeswehr und kurzer abgebrochener Lehre erhielt er eher Nebenjobs und kleine Filmrollen. Die entscheidende Wende kam 1969 durch die Begegnung mit Fassbinder bei Dreharbeiten zu Volker Schlöndorffs Fernsehverfilmung BAAL. Fassbinder war von Kaufmanns privaten wie darstellerischen Verführungskünsten fasziniert und nahm ihn in seine antiteater-Gruppe auf, wo er im Kanon der schnell hintereinander produzierten Filme (u.a. GÖTTER DER PEST, 1969, mit Harry Baer in der Hauptrolle) und Bühnenstücken, z.B. Das Kaffeehaus nach Goldoni, seine Präsenz förderte und bewusst einsetzte. In WHITY (1970), einem Südstaatenmelodram, ist Kaufmann der rot livrierte Hausdiener der Nicholsons, der als illegitimer Sohn des Familienoberhaupts und aufgrund seiner Hautfarbe geknechtet, am Ende die Mitglieder der Familie hinrichtet.

Nach PIONIERE IN INGOLSTADT (1970) gibt es eine mehrjährige Pause als Schauspieler, Kaufmann ist jedoch weiterhin künstlerisch und geschäftlich mit dem Fassbinder-Komponisten Peer Raben verbunden. 1978 tritt er bei Fassbinder in DIE EHE DER MARIA BRAUN erneut auf, wo er einen in Westdeutschland stationierten amerikanischen GI in einer kurzen Gastrolle verkörpert, es folgen BERLIN ALEXANDERPLATZ (1979/80), LOLA und DIE SEHNSUCHT DER VERONIKA VOSS (beide 1981), QUERELLE (1982). Nach Fassbinders Tod wird er wenig besetzt im deutschen Film und zieht nach Portugal, arbeitet jedoch in den neunziger Jahren wieder vermehrt, hauptsächlich in kleineren Rollen für das deutsche Fernsehen u.a. in den ZDF-Krimiserien DER ALTE und DERRICK und in Kinderspielfilmen, z.B. in WICKI UND DIE STARKEN MÄNNER (2009) von Michael (Bully) Herbig.

Trauriger Höhepunkt seines privaten Lebens ist 2002 die Verurteilung wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge, die auf seiner selbstbelastenden Falschaussage fußte; die Kaufmann wahrscheinlich nur deshalb machte um seine an Krebs erkrankte Ehefrau zu schützen, die in den Mord verwickelt worden sein sollte, jedoch kurz vor dem Gerichtsprozess um Kaufmann verstarb. 2003 stellten sich drei Männer der Polizei, die zugaben den Mord ausgeführt zu haben, worauf Kaufmann zum Teil rehabilitiert wurde.

Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis Anfang 2004 spielte er in der Bremer Inszenierung Die Zehn Gebote, einem skandalumwitterten Stück des Regisseurs Johann Kresnik. 2005 erschien seine Autobiografie „Der weiße Neger vom Hasenbergl“. In TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER (2012) ist Günther Kaufmann in einer seiner letzten Rolle im deutschen Kino zu sehen.

Foto links: © DasErste.de
Foto rechts: Günther Kaufmann in WHITY, 1970 © RWFF

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