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Newsletter November 2017

Am 7. November ist der deutsche Schauspieler Hans-Michael Rehberg im Alter von 79 Jahren verstorben. Neben zahlreichen Bühnenproduktionen konnte man ihn auch in den unterschiedlichsten Kinofilmen sehen – ob im Neuen Deutschen Film bei Margarethe von Trotta, Alexander Kluge und Reinhard Hauff, bei spannenden Außenseiterfiguren wie Roland Klick, Rudolf Thome und Romuald Karmakar oder auch in Hollywood bei Steven Spielberg. Ein häufig zitierter Satz des Theaterkritikers C. Bernd Sucher über den Schauspieler lautet: „Rehberg scheint erst das Denken seiner Figuren zu überprüfen, bevor er in ihre Körper kriecht, sich mit ihnen identifiziert.“ Mit Fassbinder drehte er 1980 BERLIN ALEXANDERPLATZ.

Alfred Döblins Romanvorlage war bekanntlich äußerst wichtig für RWF – er benannte nicht nur Figuren einiger seiner Filme nach dem Protagonisten Franz Biberkopf, sondern lieh sich von diesem auch den Vornamen für sein Schnitt-Pseudonym Franz Walsch. Nun wird der Stoff unter der Regie von Burhan Qurbani ein weiteres Mal verfilmt. In Arbeiten wie SHAHADA und WIR SIND JUNG. WIR SIND STARK. zeigte sich Qurbani vor allem an gesellschaftspolitischen Themen und der Einbeziehung migrantischer Perspektiven interessiert. So erstaunt es nicht, dass er BERLIN ALEXANDERPLATZ in die Gegenwart verpflanzt und innerhalb einer afrikanischen Community spielen lässt. Der Protagonist wird darin zu einem nigerianischen Flüchtling, der in der deutschen Hauptstadt ein anständiger Mensch werden möchte.

Falk Richters Stück „Je suis Fassbinder“, 2016 uraufgeführt unter seiner und Stanislas Nordeys Regie, tourt noch einmal durch Frankreich. Der Bühnentext geht der Frage nach, wie man mit den Mitteln der Kunst auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagieren kann, und basiert auf Fassbinders Episode aus dem Film DEUTSCHLAND IM HERBST. Während der Entstehung des Stücks stand der RWF-begeisterte Richter in engem Kontakt mit der Fassbinder Foundation. Folgende französische Aufführungen wird es noch bis Ende des Jahres geben:

Théâtre National Populaire, Villeurbanne – 8. bis 24. November

Comédie de Clermont-Ferrand – 29. und 30. November

Châteauvallon Scène nationale – 8. und 9. Dezember

Comédie de Reims – 13. und 14. Dezember

Théâtre National de Strasbourg – 18. bis 22. Dezember

Die deutsche Version des Textes, die kürzer ist als die französische Urfassung, kann man online auf der Seite von Falk Richter nachlesen (http://www.falkrichter.com/ckfinder/userfiles/files/PDF/Theatre%20plays/Je%20suis%20Fassbinder.pdf DE). Anlässlich der deutschen Erstaufführung in der Nürnberger Tafelhalle schrieb die Süddeutsche Zeitung: „Erstaunlich an ‚Je suis Fassbinder‘ ist, wie verdammt gut Falk Richters Rückgriff funktioniert. Wie aktuell das plötzlich alles wieder ist. Die Themen mögen andere sein, aber die beklemmende Stimmungslage von damals ist wieder da. Und mit ihr die Angst. ‚Angst‘ ist das meistgebrauchte Wort des Stücks. Daraus entsteht der Wunsch nach Sicherheit, Übersichtlichkeit, einfachen Antworten.“ (Die gesamte Rezension kann man hier nachlesen: http://www.sueddeutsche.de/kultur/theater-die-angst-ist-zurueck-1.3189094 DE)

Die nächste deutsche Premiere wird am 11. November im Mannheimer Theater Fellina-Areal unter der Regie von Rainer Escher stattfinden. (Mehr Informationen gibt es hier: http://www.theater-felina-areal.de/Schauspiel/Je-suis-Fassbinder/ DE)

Das Berliner Programmkino Filmkunst 66 zeigt bis auf Weiteres jeden Freitag um 22:30 Uhr Wolf Gremms KAMIKAZE 1989. Die auf Per Wahlöös Roman „Mord im 31. Stock“ basierende Dystopie ist in einem totalitären Staat angesiedelt, in dem alle Medien einem einzelnen Konzern gehören. Die Hauptrolle spielt Fassbinder in seinem mittlerweile legendären Leopardenmantel. Der schöne elektronische Soundtrack stammt von Tangerine-Dream-Frontmann Edgar Froese. Gezeigt wird die erst neu restaurierte digitale Fassung mit englischen Untertiteln. Mehr Informationen gibt es hier:

http://filmkunst66.de/index.php?id=77&no_cache=1&tx_bitcinema_pi1%5Bback%5D=index.php%3Fid%3D77%26no_cache%3D1&tx_bitcinema_pi1%5BCMD%5D=detail&tx_bitcinema_pi1%5Buid%5D=586&tx_bitcinema_pi1%5Bdate%5D=1510873200  DE

Zum Abschluss wollen wir noch Edgar Reitz nachträglich zu seinem 85. Geburtstag gratulieren. Der deutsche Regisseur war Mitunterzeichner des Oberhausener Manifests, drehte auch mehrere Dokumentarfilme und ist vor allem für seine HEIMAT-Reihe bekannt, aus der zuletzt DIE ANDERE HEIMAT in den Kinos lief. Wie Fassbinder arbeitete Reitz auch an dem Episodenfilm DEUTSCHLAND IM HERBST mit.

Wir wünschen unseren Freunden und Lesern eine ruhige Vorweihnachtszeit und melden uns noch einmal zum Jahresende mit Neuigkeiten rund um Rainer Werner Fassbinder.

Mehr zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder:

http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/ DE

Foto links: Je suis Fassbinder, Théâtre National de Strasbourg © Jean-Louis Fernandez.

Foto rechts: Rainer Werner Fassbinder und Nicole Heesters in KAMIKAZE 1989 © Ziegler Film

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