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Newsletter April 2022

Einige Monate nach der Berlinale-Premiere startet François Ozons neueste Regiearbeit PETER VON KANT am 6. Juli in den französischen Kinos. Es handelt sich dabei um eine freie Adaption von Fassbinders – 1972 auch von ihm selbst verfilmtem – Theaterstück „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“. Die erfolgreiche Modeschöpferin, die an der unerwiderten Liebe zu ihrer Freundin Karin zerbricht, wird bei Ozon allerdings zu einem von Denis Ménochet mit Inbrunst gespielten Regisseur, der nicht nur äußerlich, sondern auch biografisch stark an Fassbinder angelehnt ist.

Andreas Kilb bezeichnet PETER VON KANT in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als „filmhistorisch reflektiertes Remake“ und „hemmungslose Hommage“: „Die Autos, Telefone und Schallplatten stammen aus den Siebzigerjahren, und auch die Geschichte ist auf klassische Weise analog, ein Melodrama ohne Dating-Apps und psychotherapeutische Auswege.“ Den gesamten Text gibt es hier: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/berlinale/die-berlinale-eroeffnet-mit-ozons-film-peter-von-kant-17795258.html

Bevor PETER VON KANT ab dem 22. September auch in den deutschen Kinos läuft, startet am 14. April erst einmal Ozons vorletzter Film, das Sterbehilfedrama ALLES IST GUTGEGANGEN. Neben Sophie Marceau und Charlotte Rampling spielt darin auch Hanna Schygulla mit, die damals nicht nur die Geliebte Petra von Kants verkörperte, sondern in PETER VON KANT auch als Mutter des Titelhelden auftritt. Einen Trailer zu ALLES IST GUTGEGANGEN gibt es hier:
https://www.youtube.com/watch?v=0cK_24LXWds
https://www.youtube.com/watch?v=rBjIVenInYk

Gewissermaßen als Vermächtnis des im Herbst verstorbenen Schauspielers, Regisseurs und Fotografen Roger Fritz erschien im Schirmer/Mosel Verlag kürzlich das Buch „Boulevard der Eitelkeiten“. Fritz stand unter anderem in Filmen von Fassbinder, Rudolf Thome und Sam Peckinpah vor der Kamera und drehte im Grenzbereich zwischen Autoren- und Genrekino auch selbst einige bemerkenswerte Filme wie MÄDCHEN, MÄDCHEN (1967).

Die Publikation versammelt neben Anekdoten zahlreiche von Fritz’ Fotografien, die von den 1950er Jahren bis in die Gegenwart entstanden sind. Alexandra Walch hat den Bildband, in dem etwa Luchino Visconti, Romy Schneider, Ulli Lommel oder das Set von Fassbinders QUERELLE (1982) auftauchen, für den Filmdienst besprochen und beschreibt den Fotografen Fritz als „Connaisseur der Orte, an denen sich der Jetset zu treffen pflegte“:
https://www.filmdienst.de/artikel/53498/roger-fritz-boulevard-der-eitelkeiten-rezension

Vor und hinter der Kamera wiederbegegnen kann man Roger Fritz bald bei einer Berliner Filmreihe zur Neuen Münchner Gruppe. Im Vergleich zum ernsteren und politischeren Neuen Deutschen Film verschrieb sich die etwas in Vergessenheit geratene Strömung mit Vorliebe dem Gammlertum. Vertreten bei der vom 7. bis 27. Mai im Zeughauskino laufenden Reihe sind nicht nur mehrere Schauspieler aus dem Fassbinder-Kosmos wie Marquard Bohm, Lilith Ungerer und Hans Hirschmüller, sondern auch der Anfang März verstorbene Schweizer Drehbuchautor Max Zihlmann. Neben seinen Kooperationen mit Rudolf Thome und Klaus Lemke ist auch seine kurze Regiearbeit FRÜHSTÜCK IN ROM (1965) mit Ingrid Caven zu sehen. Mehr Informationen gibt es auf der Website des Kinos:
https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/mit-nonchalance-am-abgrund/

Gerade lief im Wiener Metro-Kino eine Retrospektive, die dem Österreicher Xaver Schwarzenberger zum 75. Geburtstag gewidmet war. Neben eigenen Regiearbeiten war mit DIE SEHNSUCHT DER VERONIKA VOSS (1982) auch einer von fünf Fassbinder-Filmen vertreten, bei denen Schwarzenberger für die Kamera verantwortlich war. Zum Programm geht es hier: https://www.filmarchiv.at/program/retrospective/xaver-schwarzenberger/

Ebenfalls zu Ende gegangen ist die Bonner Ausstellung „Methode Rainer Werner Fassbinder – Eine Retrospektive“, an die sich Peter Kremski im Filmmagazin artechock erinnert. Für seinen sehr persönlichen Text über die „überwältigende Rückschau“ tauchte er zwei volle Tage in die Ausstellung ein: https://www.artechock.de/film/text/artikel/2022/03_17_fassbinder_ausstellung.html

Am 6. Februar ist Hans Neuenfels im Alter von 80 Jahren verstorben. In einem Nachruf bei BR Klassik würdigt Michael Schmidt den Theater- und Opernregisseur als ebenso provokativ wie einfallsreich. Dem „Altmeister des deutschen Regietheaters“ sei es gelungen, den „Blick auf vertrautes Repertoire“ zu verändern (den gesamten Text gibt es hier: https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/hans-neuenfels-regisseur-tot-gestorben-nachruf-wuerdigung-100.html). Neuenfels war mit Fassbinder befreundet und wurde genau wie dieser am 31. Mai geboren. Seine Frau, die Schauspielerin Elisabeth Trissenaar, stand in vier von RWFs Filmen vor der Kamera.

Auch verstorben ist die Schauspielerin Eva-Ingeborg Scholz, die in DER AMERIKANISCHE SOLDAT (1970) die Mutter von Hauptdarsteller Karl Scheydt spielte. Zu sehen war sie während ihrer 70-jährigen Karriere in über 100 Filmen, unter anderem in Helmut Käutners DES TEUFELS GENERAL (1955) und Gustav Ucickys düsterem Heimatfilm DAS MÄDCHEN VOM MOORHOF (1958). Einen kurzen Nachruf auf Scholz gibt es im Tagespiegel: https://m.tagesspiegel.de/kultur/nachruf-auf-eva-ingeborg-scholz-die-anti-diva/28188862.html

Im Spiegel spricht die Produzentin Regina Ziegler über ihren 2015 verstorbenen Ehemann, den Regisseur und Drehbuchautor Wolf Gremm. Mit Fassbinder drehte Gremm den Science-Fiction-Film KAMIKAZE 1989 (1982) sowie die Dokumentation RAINER WERNER FASSBINDER – LETZTE ARBEITEN (beide 1982). Ziegler erinnert sich im Interview unter anderem an diese „intensive Zusammenarbeit“ sowie an RWFs unrealisiertes Projekt über Rosa Luxemburg, bei dem sie als ausführende Produzentin fungieren sollte. Hier geht es zum vollständigen Gespräch:
https://www.spiegel.de/kultur/regina-ziegler-die-filmproduzentin-ueber-den-tod-von-wolf-gremm-a-422e30e0-4d1b-498f-9871-5b5a69087dc7

Damit wünschen wir unseren Lesern und Freunden schöne, sonnige Osterfeiertage und melden uns bald wieder mit Neuigkeiten rund um Rainer Werner Fassbinder.

Mehr zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder:
http://www.fassbinderfoundation.de/filme-von-fassbinder/

Mehr zu den Theaterstücken von Rainer Werner Fassbinder:
http://www.fassbinderfoundation.de/theaterstucke/

Foto links: Sophie Marceau und Hanna Schygulla in ALLES IST GUTGEGANGEN © Carole Bethuel Mandarin Production Foz / Wild Bunch Germany
Foto rechts: Cover von Roger Fritz‘ „Boulevard der Eitelkeiten“ © Schirmer/Mosel Verlag

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